NPD oder verbieten?

1956 wurde die KPD vom Bundes­verfassungs­gericht verbo­ten. Man dachte wohl, damit die Oppo­si­tion gegen die Remi­li­ta­ri­sie­rung zu stop­pen und die “Fünfte Kolonne” der DDR zu zerschla­gen. Das ging jedoch nach hinten los, denn die Partei grün­dete sich einige Jahre später einfach unter dem neuen Namen DKP wieder. Genützt hat das Verbot also nichts, die Partei exis­tiert bis heute.

Wie schon mal 2003 wird auch derzeit ein Verbot der rechts­extre­mis­ti­schen NPD gefor­dert. Als Begrün­dung wird ange­führt, die NPD sei der legale Flügel einer Nazi­szene, die einen neuen Natio­nal­so­zia­lis­mus errich­ten will. Viele NPD-Mitglie­der haben auch eine Vergan­gen­heit in mili­tan­ten NS-Grup­pen, manche sind bis heute in solchen “Kame­rad­schaf­ten” aktiv. Ein zwei­ter Grund ist, dass sich die Partei mit bis zu einer Million Euro pro Jahr über Wahl­enkos­ten­zu­schüsse finan­ziert und somit von einem System unter­stützt wird, das durch die Partei abge­schafft werden soll.
Alles rich­tig, alles auch nach­voll­zieh­bar. Aber würde denn ein NPD-Verbot daran etwas ändern?

Finan­zie­rung
Das Verbot einer Partei kann nicht der einzige Weg sein, ihre Finan­zie­rung zu stop­pen. Es würde reichen, das Partei­en­fi­nan­zie­rungs­ge­setz zu ändern. Wenn grund­sätz­lich allen Parteien der Zuschuss gestri­chen wird, die die parla­men­ta­ri­sche Demo­kra­tie abschaf­fen wollen, wäre das Problem bald gelöst.

Parla­mente
Dass die NPD in Land­ta­gen und Kommu­nal­par­la­men­ten sitzt, ist natür­lich ärger­lich. Das könnte man aber ganz schnell ändern, wenn mehr Leute zur Wahl gehen würden. Sich dem zu entzie­hen und danach über die Zusam­men­set­zung von Parla­men­ten  zu jammern, ist schein­hei­lig. Die Faschis­ten schaf­fen es, ihre Anhän­ger zu den Wahlen zu mobi­li­sie­ren, also müssen die Anti­fa­schis­ten das eben­falls tun. Sonst dürfen sie sich im Nach­hin­ein nicht über das Ergeb­nis beschwe­ren.
Sicher, auch mir fällt es zuneh­mend schwer, mich für eine Partei zu entschei­den, weil man von allen die Schnauze voll hat. Trotz­dem sind Grüne, Pira­ten und selbst die CDU doch hundert­mal besser als die NPD. Und mit jeder Stimme für eine andere Partei hat die NPD weni­ger Chan­cen, in die Parla­mente einzu­zie­hen.

Werden Nazis hoffä­hig?
Ein belieb­tes Argu­ment der Verbots­be­für­wor­ter ist, dass die NPD ansons­ten als Partei gleich­wer­tig unter vielen ande­ren ange­se­hen wird.
Aber das ist Quatsch, jeder weiß, dass es eine Nazi­par­tei ist. Ich halte es sogar für eine Schwä­che der Demo­kra­tie, wenn sie sich nur durch Verbote wehren kann. Wenn die bürger­li­chen Parteien nichts als das Verbot zu bieten haben, sagt das außer­dem auch was über deren Verhält­nis zu Demo­kra­tie und Tole­ranz aus. Man muss faschis­ti­sche Parteien poli­tisch bekämp­fen. Wenn man das nicht kann, stimmt mit einem selber etwas nicht. Ein Verbot wäre Ausdruck der Hilf­lo­sig­keit, nicht der Stärke der Demo­kra­tie.

Solange die bürger­li­chen Parteien und Regie­run­gen den Nazis bestimmte Themen über­las­sen, werden diese sie auch dank­bar aufgrei­fen. So ist das Lieb­lings­thema der NPD die “Auslän­der­frage”. Die zahl­rei­chen Fehler in der Vergan­gen­heit kann man nicht mehr rück­gän­gig machen, aber es soll­ten keine neuen fabri­ziert werden. Völki­sche Paro­len wie von Sarra­zin oder provo­kante Aussa­gen vom Bundes­in­nen­mi­nis­ter Fried­rich tragen nicht gerade dazu bei, Immi­gran­ten, Flücht­linge und ihre Nach­kom­men als Teil der Gesell­schaft darzu­stel­len. Dazu gehört auch, dieje­ni­gen zur Inte­gra­tion zu bewe­gen, die das ableh­nen. Wenn Menschen, die teil­weise seit Jahr­zehn­ten hier leben, noch immer kein Deutsch spre­chen, ist das nicht beson­ders inte­gra­ti­ons­för­dernd. Und auch Jugend­li­chen die sich dem verwei­gern sollte klar­ge­macht werden, dass sie nur dann etwas vom Staat verlan­gen können, wenn sie sich als Teil dieses Staa­tes begrei­fen und verhal­ten.
Der latente Rassis­mus in der Bevöl­ke­rung, den die NPD für sich zu nutzen versucht,  geht zu einem großen Teil auf die Verwei­ge­rung von Migran­ten zurück. Nicht umsonst wird von vielen Menschen zwischen “guten” und “schlech­ten Auslän­dern” unter­schie­den. Ein NPD-Verbot würde das Denken dieser Leute auch nicht ändern.

In den 90er Jahren wurden bereits zwei Nazi­par­teien verbo­ten, die FAP sowie die Natio­nale Liste. Ihre Mitglie­der haben trotz­dem weiter­ge­macht, neue Namen, neue Programme, denn all das ist nur Fassade. Und auch die NPD ist bereits die Nach­folge einer verbo­te­nen Partei, der Sozia­lis­ti­schen Reichs­par­tei. Bei einem Verbot der NPD wäre es nicht anders: Die Regie­rung könnte sich damit brüs­ten “etwas getan zu haben”, aber die Rechts­extre­mis­ten machen in ande­ren Struk­tu­ren weiter. Ein wirk­li­cher Erfolg wäre nicht erzielt worden. Wozu also diese Schein-Akti­vi­tä­ten, außer zur eige­nen Gewis­sens­be­ru­hi­gung.

print

Zufallstreffer

Weblog

Antisemitismus

Von anti­se­mi­ti­schen Ausfäl­len, sogar aus der Bundes­tags­ver­wal­tung, habe ich ja schon vor zwei Jahren geschrie­ben. Was aber ange­sichts des neuer­li­chen Kriegs in Gaza publi­ziert wird, ist nicht weni­ger schlimm. Dabei geht es gar nicht darum, […]

Berlin

Uberisierte Kriminalität

Schon seit Jahren warnt die Taxi­bran­che davor, Fahr­zeuge von Uber, Bolt oder Free­now zu nutzen. Doch was oft als Stiche­lei eines Konkur­ren­ten abge­tan wurde, hat einen realen Hinter­grund: Nach einer Recher­che des Rund­funks Berlin-Bran­­den­­burg sind […]

Weblog

Määäh, määäh!

Der Papst in Berlin. Die halbe Stadt spielt verrückt. Es gibt Dutzende von Stra­ßen­sper­run­gen, die Bewoh­ner rund um das Olym­pia­sta­dion dürfen ihre Fens­ter nicht öffnen, Protest­de­mos müssen weit weg statt­fin­den. Dass demo­kra­ti­sche Grund­rechte einge­schränkt werden, […]

Schreibe den ersten Kommentar

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*