Banalität des Bösen

Mitten in der Nacht laufen im Fern­se­hen manch­mal inter­es­sante Doku­men­ta­tio­nen. Vor Kurzem wurden zwei Stun­den lang Film­auf­nah­men aus dem Eich­mann-Prozess gezeigt. Was Hannah Arendt als Bana­li­tät des Bösen bezeich­nete, habe ich dort erst­mals im Origi­nal gese­hen. Adolf Eich­mann versuchte seine Verant­wor­tung immer wieder herun­ter­zu­spie­len, “es war meine Pflicht, ich musste das machen.” Er berich­tete auch von grau­sa­men Erleb­nis­sen, wie einer Blut­fon­täne oder der Ermor­dung einer Babys, aller­dings ohne diese zu bedau­ern. Die Frage, ob er den Ausch­witz-Komman­dan­ten Höss als Verbre­cher sieht, wollte er nicht beant­wor­ten. Statt­des­sen meinte er: “Reue hat gar keinen Zweck, Reue ist was für kleine Kinder”.
Der Staats­an­walt ließ keine Ausflüchte gelten, unter­brach den Ange­klag­ten sofort, wenn er seine eigene Rolle rela­ti­vierte oder auf ein ande­res Thema auswei­chen wollte. Der oberste Rich­ter leitete die Verhand­lung sehr eindrucks­voll, indem er eben­falls jede Abwei­chung sofort korri­gierte und den Ange­klag­ten, den Staats­an­walt und auch Zeugen immer wieder stoppte und in die rich­ti­gen Bahnen lenkte.

Erschüt­ternd waren die Aussa­gen von Über­le­ben­den des Holo­causts, die damals ja noch sehr jung waren. Die berich­te­ten von den Depor­ta­tio­nen und der Arbeit im Konzen­tra­ti­ons­la­ger Ausch­witz-Birkenau.
Immer wieder gab es unter den Zuschau­ern Zwischen­rufe und Proteste, manche brachen in Tränen aus oder schrien ihre Verzweif­lung heraus. Der Rich­ter ließ sie hinaus brin­gen, unter­brach auch mal die Verhand­lung, wenn zu viele Menschen im Publi­kum die Erre­gung nicht mehr aushiel­ten.

Eich­mann selber blieb natür­lich unge­rührt: “Ich habe zu erklä­ren, dass ich den Mord an den Juden als Kapi­tal­ver­bre­chen sehe”. Man sah, dass er das mit Wider­wil­len sagte.
Auch wenn man heute über alles aufge­klärt ist, was damals geschah, so erschreckt es doch noch immer, wenn man sieht, wie gleich­gül­tig die Täter dem gegen­über­ste­hen, was sie ange­rich­tet haben.

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Die Geschichte ist unten, oben ist alles Gegen­wart. Der U‑Bahnhof Rosa-Luxe­m­­burg-Platz ist mit Colla­gen geschmückt, deren Aufklä­rungs­wert größer wäre, wenn sie nicht versuch­ten, Kunst zu sein. Der Obdach­lose betrach­tet den aufklä­re­ri­schen Wand­schmuck nicht, er sucht […]

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