Sommerfetz

Alljähr­lich findet hinter dem Roten Rathaus das Sommer­fest des Regie­ren­den Bürger­meis­ters statt. Und wie in jedem Jahr haben es die Veran­stal­ter nicht geschafft, einen Platz für die Taxen zu orga­ni­sie­ren. Da jedoch ein großer Teil der rund 2.500 Besu­cher abends per Taxi nach Hause fahren will, ist ein entspre­chen­der Aufstell­ort nötig. Den gab es aber gestern Abend nicht.

Also mach­ten wir das, was wir immer tun, wenn die Orga­ni­sa­to­ren versagt haben: Selbst­hilfe — wir stel­len uns dort auf, wo Platz ist. In diesem Fall war das gleich am Ausgang des Festes in der Span­dauer Straße, gegen­über des Niko­lai­vier­tels. Zwar ist hier eine Bushal­te­stelle und alles abso­lu­tes Halte­ver­bot, aber da ganz vorn eine Poli­zei­wanne stand und keiner der Beam­ten uns weg schickte, lief es wie immer bei solchen Veran­stal­tun­gen: Wir wurden tole­riert, weil die Gäste ja auch Taxis brauch­ten und irgend­wie weg kommen muss­ten. So gab’s die ersten Stun­den keine Probleme bis Django kam. Viel­leicht heißt er auch Manfred oder Horst, aber benom­men hat er sich wie Django. Einer von der Sorte: Ich bin hier der Sheriff und habe eine Knarre und deshalb mache ich den Chef. Er stellte sich neben das vorderste Taxi und zeigte wort­los auf die Straße. Der Kollege fuhr dann weg, genauso sein Hinter­mann. Der dritte aber, direkt vor mir, rückte nach vorn auf und blieb dort stehen. Django trat an seine Beifah­rer­tür und schnauzte den Fahrer an, ob er die Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung nicht kennen würde. Natür­lich konnte ich nicht hören, was der Kollege antwor­tete, aber es war offen­bar nicht das, was der preu­ßi­sche Beamte hören wollte. Er schrie “Wie meinen Sie das?” und “Das werden wir ja noch sehen!”

Ich über­legte kurz, ob ich wegfah­ren sollte, weil er rein juris­tisch ja im Recht ist und offen­bar auch nicht mit sich reden ließ. Ande­rer­seits wollte ich ihn in seinem Obrig­keits­den­ken nicht noch bestä­ti­gen. Um statt­des­sen meinen Kolle­gen zu unter­stüt­zen, stieg ich aus und ging nach vorn. Sofort raunzte mich der Blaue an, was ich jetzt auch noch wolle und dass ich mich (Zitat:) “gefäl­ligst verpis­sen” soll. Auch der Fahrer von vorn stieg jetzt aus und der hinter mir eben­falls. Ich versuchte Django zu beru­hi­gen, dass wir hier ja nieman­den behin­dern und er seine schlechte Laune auch nicht an uns auslas­sen müsse. Doch der Beam­ten­kopp brüllte wieder los, er will jetzt die Papiere sehen und zwar von allen.
Durch sein Geschrei waren auch der Wach­schutz und die Besu­cher aufmerk­sam gewor­den, es stan­den jetzt rund zehn Leute um uns herum, die sich den Sketch inter­es­siert ansa­hen. Eine Frau äffte Djan­gos Geschrei nach, worauf­hin sie auch noch ange­brüllt wurde.

In der Zwischen­zeit waren die ande­ren Poli­zis­ten aufmerk­sam gewor­den, der Laut­stärke nach dach­ten sie wohl an einen Rocker­über­fall. Aber es war nur ihr Kollege, der da chole­risch auf uns einschimpfte. Man merkte, dass es den ande­ren Blauen pein­lich war, was ihr Django da für ein Thea­ter machte. Sie nahmen ihn zur Seite und rede­ten auf ihn ein, so dass wir nun die zahl­rei­chen Fahr­gäste einla­den und mit ihnen losfah­ren konn­ten. Ich bekam die Frau, die sich über den Poli­zis­ten lustig gemacht hatte. Im Auto erzählte sie mir, dass der Kerl sie an ihren Ex-Mann erin­nert hat und dass sie dann immer losla­chen muss, wenn sich jemand so sinn­los aufregt. Ich fand es auch komisch und bin nach Ende der Tour noch­mal zum Rathaus gefah­ren. Wieder stan­den alle Taxis brav im Halte­ver­bot und kein einzi­ger Poli­zist war in Sicht, der sich darum scherte. So soll es sein.

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Zufallstreffer

5 Kommentare

  1. Das ist bei der Poli­zei halt genauso wie bei Verkehrs­teil­neh­mern oder aber einer x‑beliebigen Berufs­gruppe: Einige halten sich an die Vorschrif­ten und einige denken mit.

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