Gammliger Gedenkort

Gestern gab es eine Erin­ne­rungs­ver­an­stal­tung auf dem ehema­li­gen Gleis 17 des Bahn­hofs Grune­wald. Hier befin­det sich ein Mahn­mal zur Erin­ne­rung an Holo­caust an den Juden während der Nazi­zeit. Der 18. Okto­ber ist Jahres­tag der Depor­ta­tio­nen, die 1941 began­nen. Die ersten Züge verlie­ßen Berlin dort auf dem Bahn­hof Grune­wald.
Vertre­ter aus Poli­tik und Gesell­schaft, Opfer­ver­bände und Ange­hö­rige von NS-Opfern sowie der Jüdi­schen Gemeinde gedach­ten der Opfer.

Doch längst ist bekannt, dass die meis­ten Juden nicht von Grune­wald aus in die Konzen­tra­ti­ons­la­ger gebracht wurden, sondern vom Güter­bahn­hof Moabit aus. Nach jahre­lan­gem Bemü­hen beschlos­sen Senat und der Bezirk Mitte 2015 endlich, an dieser Stelle einen Gedenk­ort zu instal­lie­ren. Inklu­sive Wett­be­werb wurden dafür 150.000 Euro zur Verfü­gung gestellt, ein Groß­teil davon aus Lotto­mit­teln. Im Früh­jahr dieses Jahres wurde der Gedenk­ort dann eröff­net.

Aller­dings war er eine große Enttäu­schung. An diesem Ort, von dem rund 30.000 Menschen in dem Tod geschickt wurden, erin­nern gerade mal zwei Tafeln und ein paar Meter Gleise an dieses Verbre­chen. Mittel­punkt der Anlage ist ein soge­nann­ter Kiefer­hain: 24 Bäume soll­ten an die Depor­ta­tio­nen erin­nern, was auch immer die Kiefern damit zu tun haben. Gleich am Anfang wurden vier Bäume einge­spart, der Rest steht seit­dem lieb­los herum.

In den vergan­ge­nen Mona­ten wurde dieser Ort kaum gepflegt, so dass manche der Kiefern bereits vertrock­nen. Dazu kam, dass dazwi­schen bereits ein halber Meter Unkraut in die Höhe wuchs, die Bäume dienen längst als Hunde­klo. Der Bezirk hatte zuge­sagt, dass die Anlage gepflegt wird. Doch erst nach einer Beschwerde wurde sie vor ein paar Wochen mal gesäu­bert. Es ist zu befürch­ten, dass es nun wieder ein halbes Jahr dauert, bis das Grün­flä­chen­amt die Anlage erneut pflegt.
Was an diesem „Gedenk­ort“ 150.000 Euro gekos­tet hat, ist uner­klär­lich. Da wurde nicht nur eine Menge Geld zum Fens­ter raus­ge­schmis­sen, sondern auch eine Chance vertan, ange­mes­sen würde­voll an die Tragö­die zu erin­nern, die hier statt­fand.

Es ist kein Wunder, dass niemand auf die Idee kommt, die Gedenk­ver­an­stal­tung in Moabit abzu­hal­ten. Dieser Ort schreckt nicht nur wegen seiner Lage zwischen Baumarkt und Discoun­ter ab, sondern auch wegen seines Zustands. Es ist beschä­mend, wie hier mit dem Geden­ken umge­gan­gen wird.

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2 Kommentare

  1. “Was an diesem Gedenk­ort 150.000 Euro gekos­tet hat, ist uner­klär­lich.” Warum? Wieviel kostet die Pflan­zung von 20 rela­tiv großen Bäumen? Wieviel die ande­ren Arbei­ten? Die Tafeln usw. 150.000 Euro sind für die Herrich­tung des Ortes eine eher kleine Summe.

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