IBAN und PLZ

Laut ISO-Norm hat die IBAN maximal 34 Stellen. In Deutschland werden davon nur 22 gebraucht. Davon geben 2 das Land an, 2 sind Prüfziffern. In Deutschland kann man also 1.000.000.000.000.000.000 Bankkonten unterscheiden, eine Trillarde! Die volle ISO-IBAN reicht aus, um jedem eventuellen Lebewesen auf jedem belebten Planeten in jedem Sonnensystem in jedem Spiralnebel im Kosmos eine eindeutige Kontonummer zu geben. Endlich einmal eine zukunftsorientierte Neuerung statt einer Notreparatur! Doch gibt es zu denken. Funksignale bräuchten je nach Abstand Millionen Jahre, um etwas auf so einen anderen Planeten zu überweisen. Die Länge der IBAN, auch der deutschen, ist verdächtig.

Früher hatte mein Winzer die Kontonummer 333 bei der Sparkasse Zeltingen. Das schrieb man mit der Hand auf einen Überweisungsträger, steckte es in den Briefkasten, und zwei Tage später stand der überwiesene Betrag auf dem Konto des Winzers.

Dann setzten zwei Entwicklungen ein. Je mehr Sparkassen zusammengelegt wurden, desto länger wurden bei den Sparkassen die Kontonummern. Auch ehemalige, längst eingemeindete Städtchen, sind nun in die Kontonummer codiert, und die Sparkasse heißt Mittelmosel. Unabhängig davon dachte eine andere Kommission die Bankleitzahl aus, mit der man allein in Deutschland 10 Millionen Banken unterscheiden kann, also ungefähr eine Bank auf zehn Einwohner. Selbst wenn die alle zehn Konten hätten, würden zweistellige Kontonummern ausreichen. Also hätte man die alte Sparkasse Zeltingen eindeutig identifizieren und die Kontonummer 333 in Ruhe lassen können.

In der IBAN steckt also viel Information zweimal drin. Dazu kommt, dass Kontonummer und BLZ getrennt verprüfziffert sind, was bei der neuen Prüfziffer der IBAN gar nicht mehr nötig wäre. Wo ich mir früher „Sparkasse Zeltingen 333“ merken musste, habe ich mir bis jetzt eine lange BLZ und eine lange Kontonummer merken müssen, dazu noch das DE, eine zweistellige Prüfziffer und die Anzahl der Nullen zwischen BLZ und Kontonummer. Das ist der Fortschritt.

Wenn wir demnächst Handelskontakte mit den Planeten in unserer Milchstraße aufnehmen, haben die alle das Problem natürlich auf ihre Weise gelöst. Also kommt eine Galaktische-IBAN. Die besteht dann aus der irdischen IBAN, mit Nullen aufgefüllt auf die volle Länge von 34 Stellen, davor mindestens acht Stellen für den Planeten – und eine Prüfziffer, die vierte. Und bei Milchstraßenüberschreitendem Handel kommen da dann weitere Stellen hinzu.

Dass es auch anders ginge, sei am Beispiel Postleitzahl erklärt. Die Postleitzahl meiner Geburtsstadt Solingen war früher 22, dann 565, und jetzt sind es fünf Ziffern, die ich mir nicht merken kann. Damit kann man 100.000 Ortsteile in Deutschland unterscheiden.

Vor ungefähr hundert Jahren wurden Gemeinden und Hofschaften mit Namen wie Ohligs, Gräfrath, Dorp, Schlicken, Meigen in Solingen eingemeindet. Alle diese Namen kommen im „Ortslexikon des Deutschen Reiches“ von 1890 nur einmal vor. Nur einige Ortsnamen, wie z.B. Neustadt, kommen mehrfach vor.

Alle Poststücke werden automatisch sortiert. Die Adressen werden vom Computer gelesen. Wenn man die Datenbank des Postcomputers einmal richtig füllt, bräuchte man nur „Meigen“ als Ortsangabe auf den Brief zu schreiben. „Solingen“ und die fünfziffrige Postleitzahl wären unnötig.

Ich fürchte aber, dass es in die andere Richtung geht: Ersetzung aller Straßennamen durch Adressleitzahlen. Die bestehen dann aus einer Bundeslandleitzahl, einer Stadtleitzahl, einer Stadtteilleitzahl und der Straßennummer. Der Berliner Richardplatz liegt in Rixdorf in Neukölln. Wenn es so geht wie bei den Banken, werden die Gebiete Neukölln und Rixdorf bestimmt einmal in die Stadtteilleitzahl, einmal in die Straßennummer codiert, jeweils mit eigener Prüfziffer. Statt zum Taxifahrer zu sagen „bitte zum Richardplatz“, braucht man nur ungefähr 22 Ziffern zu nennen. Decodiert bedeuten die folgendes: „Land Berlin – Stadt Berlin – Neukölln (heutiger Bezirk) – Neukölln (heutiger Bezirksteil nach der Zusammenlegung von Bezirken) – Rixdorf – Richardplatz“. Dass Berlin und Neukölln zweimal vorkommen, liegt daran, dass es auch Städte wie Potsdam und neue Bezirke aus alten Bezirken wie Treptow-Köpenick gibt.

Logisch, oder?

(Dieser Text erschien hier erstmals 2014)

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