Der unbekannte Schneckenberg

Bei Theo­dor Fontane wird er erwähnt, aber sonst ist er prak­tisch unbe­kannt: Der Schne­cken­berg im Tier­gar­ten. Sicher – für einen Bayern ist die wenige Meter messende Erhe­bung nichts als ein Hügel, er würde sie vermut­lich nicht mal bemer­ken. Aber Fontane schil­derte den Schne­cken­berg, dessen Reste sich noch heute zuge­wach­sen nahe der Ecke Ebert- und Lenné­straße finden, in seinem Text „Céci­lie“:

„Aber Häuser und Menschen in der Lenné­straße. Da hätt ich mir frei­lich einen ande­ren Stadt­teil und vor allem ein ande­res Vis-à-vis suchen müssen. Alles ist so still und verkehrs­los hier, als ob es eine Privat­straße wäre mit einem Schlag­baum rechts und links. Sei’s drum; man muß die Feste nehmen, wie sie fallen, und die Stra­ßen auch. Im übri­gen wird sich schon was finden, das der Betrach­tung aus der Vogel­per­spek­tive wert wäre. Das an der Ecke da, das muß der Schne­cken­berg sein (Erin­ne­rung aus meinen Collège-Tagen her)“.

Fontane ist für seine genauen Betrach­tun­gen bekannt und auch mir ist es uner­klär­lich, wieso kaum jemand diesen „Berg“ kennt. Ich selber habe ihn schon vor vielen Jahre entdeckt: Mitte der 1980er Jahre lag er direkt an der Mauer, versteckt im Dickicht. Im Durch­mes­ser viel­leicht 20 Meter, etwa acht Meter hoch, führte ein kaum noch zu erken­nen­der Weg an die Spitze. Dieser Weg gab dem Hügel vermut­lich den Namen.
Er muss einmal frei­ge­stan­den haben, als er noch nahe der Stadt­mauer stand. Viel­leicht diente er als Aussichts­platt­form? Das würde den gewun­de­nen Weg nach oben erklä­ren. Leider ist darüber nichts Genaues bekannt.

In den 1990er Jahren war der Schne­cken­berg dann Treff­punkt von jungen Männern, die im Schutz der Büsche schnel­len Sex such­ten. Nach der Fertig­stel­lung des Tier­gar­ten­tun­nels begann die Neuge­stal­tung des östli­chen Teils des Parks. Auch rund um den Schne­cken­berg wurde breite Wege in die Büsche geschla­gen, der eins­tige Hügel wurde verklei­nert und ist jetzt viel­leicht noch drei, vier Meter hoch. Und er ist wieder in den Büschen verschwun­den, aber wenn man genau hinschaut, kann man ihn noch entde­cken.

print

Zufallstreffer

Moabiter Orte

Die Urania

Die meis­ten Berli­ne­rIn­nen kennen das verspie­gelte Gebäude der Urania in der Nähe des Witten­berg­plat­zes. Wenig bekannt ist jedoch, dass ihre Ursprünge in Moabit lagen. 1888 gegrün­det gab sich Verein das Ziel, wissen­schaft­li­che Erkennt­nisse auch einem […]

2 Kommentare

  1. Danke für diesen Bericht! Ich kenne den Schne­cken­berg aus der Zeit der Mauer­öff­nung Damals habe ich mich über die selt­sa­men Wege gewun­dert, die nach oben führ­ten und im Nichts ende­ten. Ein Rätsel gelöst…

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*