Anzeige gegen Verkehrssenatorin

Verkehrs­se­na­to­rin Regine Günther ist bisher nicht durch inhalt­li­che Zurück­hal­tung aufge­fal­len, wenn es um die Umstruk­tu­rie­rung des Berli­ner Verkehrs geht. Manche ihrer Vorschläge erin­nern an das Dorf­le­ben im 19. Jahr­hun­dert, als das einzige rollende Fort­be­we­gungs­mit­tel die Pfer­de­kut­sche war.

Dass sie eifrige Verfech­te­rin davon ist, den moto­ri­sier­ten Stra­ßen­ver­kehr zu redu­zie­ren, ist ja ok. Mitt­ler­weile fragt man sich aber, wieso sie im Bereich der Fahr­gast­be­för­de­rung durch Autos einen völlig ande­ren Kurs vertritt. Denn ihre Behörde ist mit dafür verant­wort­lich, dass es in Berlin mitt­ler­weile geschätzt 5.000 Fahr­zeuge gibt, die für die US-Firma Uber oder Free­Now fahren. Beide werben damit, dass sie güns­ti­ger sind, als konven­tio­nelle Taxis. Wer sich aller­dings mit den Umsät­zen in der Bran­che auskennt, der weiß, dass es nicht mehr möglich ist, mit noch nied­ri­ge­ren Prei­sen über­haupt solch ein Gewerbe zu betrei­ben, geschweige denn Gewinn zu erzie­len. So liegt der Verdacht nahe, dass hier nicht mit ganz lega­len Mitteln gear­bei­tet wird.

Mehrere Taxi­be­trei­ber haben Mitte Juli deshalb bei der Staats­an­walt­schaft Anzeige gegen Frau Günther sowie einen Grup­pen­lei­ter des zustän­di­gen Landes­amts (LABO) erstat­tet. Sie vermu­ten Beihilfe zur Steu­er­hin­ter­zie­hung, zur Schwarz­ar­beit und Vorent­hal­ten von Fahrer­ge­häl­tern. Dazu kommt, dass sich ein Groß­teil der Uber-Fahrer nicht an die gesetz­li­chen Vorga­ben halten, dass sie nach jeder Fahrt zum Betriebs­sitz zurück­keh­ren müssen. Statt­des­sen stel­len sie sich in bestimm­ten Gegen­den am Stra­ßen­rand auf und warten dort auf Aufträge.

Viele Fahr­gäste wissen gar nicht, dass sie dann mit einem Fahr­zeug unter­wegs sind, dessen Fahrer keinen Perso­nen­be­för­de­rungs­schein besitzt, wie es bei Taxis Pflicht ist. Eine Orts­kun­de­prü­fung ist bei Fahrern von Chauf­feur­diens­ten nicht nötig, deshalb tut Uber so, als wäre es ein solcher.

Die klagen­den Taxi-Unter­neh­mer haben ausge­rech­net, dass diese Dienste nicht legal ange­bo­ten werden können. Sena­to­rin Günther scheint das nicht zu inter­es­sie­ren. Denn obwohl mit Uber und Free­Now Tausende neue Fahr­zeuge auf den Berli­ner Stra­ßen unter­wegs sind, geht sie nicht gegen diese Machen­schaf­ten vor. So wurde ihre Behörde sogar schon vom Hambur­ger Senat vor einzel­nen Unter­neh­mern gewarnt, denen dort die Uber-Lizenz entzo­gen wurde. Grund dafür war die Finan­zie­rung der Betriebe, die offen­bar nicht legal möglich waren. Doch in Berlin kümmert das nicht, diesel­ben Unter­neh­mer erhiel­ten hier ihre Lizenz.

So stellt sich die Frage, wieso das so ist. Warum haben Entschei­dungs­trä­ger des LABOs und der Berli­ner Verkehrs­be­hörde ein Inter­esse daran, dass undurch­sich­tige und sogar ille­gale Machen­schaf­ten nicht verfolgt werden? Wer profi­tiert davon? Es ist Zeit, dass die zustän­dige Sena­to­rin die seit Jahren übli­che Praxis aufklärt, die vor allem während ihrer Amts­zeit aufblühte. Nur so könnte die Grüne einen Verdacht der Korrup­tion entkräf­ten, der sich unmit­tel­bar gegen sie rich­tet.

Foto: Stephan Röhl for Hein­rich Böll Stif­tung, CC BY-SA 2.0

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