Immer wieder erlebe ich, dass Menschen in Berlin ganz erstaunt sind, wenn sie erfahren, dass es zur Nazizeit auch in der direkten Umgebung der Stadt Konzentrationslager gab. Zum einen natürlich „wilde KZs“ wie in der General-Pape-Straße oder das Frauen-KZ in Ravensbrück. Vor allem aber das Lager Sachsenhausen gleich neben Oranienburg, das 1936 errichtet wurde. Anfangs waren es vor allem politische Gegner, die dort eingesperrt und teilweise ermordet wurden. Aber es gab auch viele jüdische Häftlinge sowie ab 1941 sowjetische Kriegsgefangene. Mindestens 13.000 von ihnen wurden in Sachsenhausen erschossen. Dafür ist extra eine Genickschuss-Baracke gebaut worden, in deren hinteren Teil es ein mobiles Krematorium gab.
Das Konzentrationslager Sachsenhausen hatte in der Lagerstruktur der SS eine Sonderstellung. Als Modell- und Schulungslager wurden dort die künftigen KZ-Wachmannschaften ausgebildet, die danach in anderen Lagern eingesetzt wurden. Um das KZ herum waren zahlreiche Einrichtungen der SS, außerdem verschiedene Werkstätten, eine SS-Großbäckerei und das Klinkerwerk, das auch zum Töten durch Arbeit genutzt wurde.
Am sog. Industriehof wurden 1942 eine Genickschussanlage sowie ein Krematoriumsgebäude errichtet. 1943 kam eine Gaskammer dazu, in der neue Vergasungstechniken erprobt wurde. Häftlinge starben auch an medizinische Experimenten.
Nach der Befreiung wurde bekannt, dass in Sachsenhausen auch Falschgeld hergestellt wurde. Bei der „Aktion Bernhard“ sind britische Pfundnoten im Milliardenwert gedruckt worden. Dafür waren über 100 künstlerisch begabte Häftlinge eingesetzt. Mit dem Falschgeld sollte die britische Wirtschaft geschwächt werden.
Die genaue Zahl der Menschen, die im KZ Sachsenhausen ermordet wurden, ist unbekannt. Es wird geschätzt, dass von den insgesamt etwa 200.000 Häftlingen, die das Lager durchlaufen haben, mindestens ein Drittel vor Ort ermordet wurden oder an den Arbeitsbedingungen starben. Die meisten anderen wurden in andere Lager deportiert und dort umgebracht.
Neben der SS nutzte auch die Gestapo ein Teil des Lagers, sie betrieb eine eigene Baracke mit etwa 80 Zellen.
Heute ist das einstige Konzentrationslager eine Gedenkstätte. Die meisten Baracken stehen nicht mehr, einige sind aber rekonstruiert worden. Mehrere Abteilungen des KZs sind noch erhalten, darunter auch die Mordstation Z mit dem Erschießungsgraben und den Ruinen des Krematoriums.
Die Gedenkstätte Sachsenhausen beleuchtet auch die Geschichte von 1945 bis 1950. Damals wurde es von der Sowjetischen Militäradministration wieder als Lager genutzt, neben Nazis sind dort zahlreiche Sozialdemokraten und andere politisch missliebige Personen eingesperrt worden.
Man erreicht die Gedenkstätte Sachsenhausen vom Bahnhof Oranienburg aus mit den Buslinien 804 und 821. Die Außenanlage kann kostenlos besucht werden.
Fotos: Heiko Zapke
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