Kollegenschweine

Laufen die Geschäfte schlecht, holen manche Kollegen ihre Ellbogen raus und vergessen ihre gute Erziehung, falls sie überhaupt eine hatten. Bei manchen Kollegen bezweifle ich das, denn sie verhalten sich alles andere als kollegial. Offenbar sehen sie in den anderen Taxifahrern nur Konkurrenten, keine Kollegen.

Oft ist das am Ostbahnhof zu beobachten, wo so einige Taxler bewusst von der Nachrücke nicht nach vorne fahren, in der Hoffnung, einen Fahrgast aabzugreifen, obwohl er laut Taxi-Ordnung nach vorn aufschließen muss. Nun bin ich kein Verfechter von Law & Order, aber wenn man sich gegenüber Kollegen so asozial verhält, habe ich dafür kein Verständnis.
Ebensowenig wie für die Spezialisten, die ihr Taxischild ausschalten, wenn sie ein freies Taxi vor sich sehen. Dann rasen sie mit 80 km/h vorbei, um 50 Meter vor ihn abzubremsen, das Schild wieder anzuschalten und eventuell einen Fahrgast abzugreifen, der sonst den überholten Kollegen gewunken hätte.

Assiges Verhalten findet man oft auch an Halten wie dem Ritz Carlton, wo viele Taxis erstmal wenden müssen, um auf den Halteplatz zu fahren. Normalerweise fährt derjenige nach vorn, der als Erstes ankommt. Wenn ich nun aber in Fahrtrichtung zur Halte komme und auf der anderen Straßenseite einen wartenden Kollegen sehe, der erstmal den Gegenverkehr vorbei lassen muss, dann lasse ich den selbstverständlich vor. Immerhin war er vor mir am Halteplatz, wenn auch auf der anderen Straßenseite. Viele sehen das leider anders und geben nochmal kräftig Gas, um sich an der Halte vordrängeln zu können.

Der „Klassiker“ ist natürlich, einem Kollegen die Fahrgäste zu klauen, wen man über Funk den Auftrag gehört hat und weiß, dass der andere noch zwei bis drei Minuten länger zur Abholadresse braucht.
Oder wenn man seine Fahrgäste direkt am Taxistand heraus lässt und dann stehen bleibt, obwohl in der Zwischenzeit freie Taxis von hinten an die Halte gekommen sind.

Die größten Kollegenschweine aber sind für mich diejenigen, die nicht zur Unterstützung kommen, wenn ein Taxifahrer in der Nähe Ärger mit Fahrgästen hat oder sogar angegriffen wird. Selbst mitten in der City, wo ständig hunderte Taxen unterwegs sind, muss die Zentrale manchmal minutenlang betteln, bis endlich jemand zur Hilfe kommt. Anstelle der Funkzentrale würde ich alle Kollegen für mehrere Stunden für die Auftragsvermittlung sperren, die näher als z.B. einen Kilometer dran sind und trotzdem nicht helfen. Leider ist das genauso wenig durchsetzbar wie ein kollegaliales Verhalten aller Taxifahrer. Das fängt schon bei mir im Betrieb an, wo unkollegiales Verhalten teilweise noch verteidigt wird und wo manche ihre türkischen Kollegen als Kanacken bezeichnen.

In einem solchen Gewerbe ist das Bewusstsein, ein Dienstleister zu sein, natürlich entsprechend gering ausgeprägt. Dass das ein Teufelskreis ist, der letztendlich uns allen selbst Nachteile beschert, merken die meisten nicht. Oder es ist ihnen egal.

print

7 Kommentare

  1. Schöne Grafik.

    Mit den entgegen kommenden Kollegen, die auch auf die Halte wollen, bin ich mir manchmal aber etwas unsicher. Meistens fahre ICH sogar Umwege, um „anständig“ an die Halte ranfahren zu können. Am Hilton z.B.

  2. In Halle ist die Regelung genau umgekehrt: Wer im fließenden Verkehr Vorfahrt hat, hat das Vorrecht am Halteplatz. D.h. wer zuerst wenden muss, hat den Kollegen, der ihm entgegenkommt, vorzulassen.

  3. @Majo (kam per E-Mail)
    Ich habe die Kollegen nicht als Schweine bezeichnet, sondern als Kollegenschweine, das ist ein Unterschied. Denn der Begriff ist nicht so hart wie „Schweine“.

  4. Moin, moin,
    man trifft sich immer ein zweites Mal, habe ich mir dann immer gesagt. Und wer weiß, wofür es dann sogar nütze war, eben erst die zweite Tour zu bekommen. Vielleicht mehr Tipp, mehr Umsatz, besserer Anschluss usw. ?
    Lampe aus und nach Überholen an ist allerdings echt dummdreist!

  5. Im Großen und Ganzen stimme ich dir zu. Allerdings verstehe ich Folgendes nicht (vermutlich, weil ich auf dem dünn besiedelten platten Land fahre):
    Wenn ich mit Fahrgästen an eine Halte fahre, hinter dem letzten Taxi stehen bleibe und meine Fahrgäste aussteigen – warum soll ich dann eine Ehrenrunde drehen, um vielleicht nach mir angekommene Kollegen vorzulassen, was Du wohl für korrekt hieltest.

  6. Wenn du auslädst, bist du ja nicht frei. Deshalb haben nach dir kommende Taxen erstmal das Vorrecht. Um den Block musst du deshalb ja nicht extra fahren, ein Blick in den Rückspiegel reicht völlig.

  7. „ Auf einem Taxenstandplatz oder einem als „Nachrückbereich“ ausgewiesenen Taxenstandplatz dürfen nur dienstbereite (freie)Taxen stehen.“ Du darfst mit Fahrgästen an keine Halte fahren (absolutes Halteverbot gilt für dich wenn du besetzt bist) und die da aussteigen lassen.

Schreibe einen Kommentar zu Fastdäne Antworten abbrechen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*