Grenzstreit um Tempelhof

Noch heute erzäh­len die Namen eini­ger Orts­teile von deren christ­li­cher Vergan­gen­heit. Tempel­hof, Mari­en­dorf und Mari­en­felde künden davon und auch Rixdorf, das heutige Neukölln, gehör­ten bis vor 700 Jahren dem Tempel­rit­ter­or­den und danach zum Orden der Johan­ni­ter. Rixdorf und Tempel­hof grenz­ten im 15. Jahr­hun­dert direkt an die Feld­mark von Cölln, das damals mit Berlin eine Doppel­stadt bildete. Oft gab es aber Grenz­strei­tig­kei­ten zwischen Cölln und diesen christ­li­chen Dörfern

Jedes Jahr im Herbst zogen deshalb zahl­rei­che Bürger Cöllns an die Grenze ihrer Gemeinde, um die korrekte Grenz­zie­hung zu kontrol­lie­ren. Dies hatte sich in den Jahren zu einem rich­ti­gen Fest entwi­ckelt, Hunderte kamen mit Musik­be­glei­tung und offi­zi­el­ler Begrü­ßung durch den Bürger­meis­ter. Vor allem soll­ten sich die jungen Bürger den genauen Verlauf einprä­gen, der durch Grenz­steine markiert war. Damit sie sich den Ort auch merken, wurden die Jungs an jedem Grenz­stein mit einer Weiden­rute geschla­gen, an den Haaren gezo­gen oder beka­men eine Back­pfeife. Zum Trost, gab es aber Süßzeug.

Im Jahre 1435 jedoch stellte man fest, dass einige Grenz­steine von ihrem urspüng­li­chen Ort entfernt und an ande­rer Stelle aufge­stellt worden waren. Ausge­rech­net in diesem Jahr war auch der Komtur, der Leiter der Ordens­nie­der­las­sung von Tempel­hof, anwe­send. Er wurde wegen der Verän­de­rung der Grenze durch die Cöll­ner Bürger beschimpft und ange­grif­fen, konnte sich aber durch einige mitge­brachte Ritter schüt­zen und flie­hen. Aller­dings sann er auf Rache, denn einen Komtur anzu­grei­fen war vergleich­bar, als würde man heute z.B. einen Minis­ter atta­ckie­ren.

Schon am nächs­ten Tag zog der Komtur im Morgen­grauen mit seinen Rittern zum Köpe­ni­cker Tor. Das befand sich an der Stelle, wo heute in Mitte die Straße Fischer­insel über den Spree­ka­nal führt, an der Roßstra­ßen­brü­cke. Es war das einzige Tor, das keine Türme hatte und deshalb schwe­rer zu vertei­di­gen war. Aber es gab andere Türme, nämlich die der Marien- und der Niko­lai­kir­che und von dort sah man die Angrei­fer kommen. Als nun die Tempel­rit­ter zum Sturm auf die Stadt ansetz­ten, läute­ten die Glocken der beiden Kirchen. Dies war das Zeichen für die Vertei­di­ger Cöllns: Sie hatten zu einer List gegrif­fen und sich hinter dem Teltower Tor gesam­melt. Das war an der heuti­gen Gertrau­den­brü­cke und konnte von den Angrei­fern nicht gese­hen werden, weil es um eine Ecke herum lag. Bewaff­nete Bürger ließen nun die Zugbrü­cke des Köpe­ni­cker Tores herun­ter und stürm­ten heraus, während gleich­zei­tig die Reiter durch das Teltower Tor kamen und den Johan­ni­ter­rit­tern in den Rücken fielen.

Nach nur weni­gen Minu­ten war die Schlacht auch schon vorbei, Gottes Hilfe hatte nichts genützt und die Ritter flohen. Was sie jedoch nicht wuss­ten: Während der Ausein­an­der­set­zun­gen sind andere Berli­ner zur Komtu­rei der Johan­ni­ter gezo­gen, die sich vermut­lich in der Gegend um die heutige Johan­ni­ter­straße in Kreuz­berg befand. Sie besetz­ten das Haupt­quar­tier des Komturs. Nun musste der seine Nieder­lage endgül­tig einge­ste­hen und noch im glei­chen Jahr verkaufte er den Besitz der Dörfer an Berlin und Cölln.

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1 Kommentar

  1. Nur zur Info: Diese Art der Grenz­kon­trolle wird im sauer­län­di­schen Brilon noch immer began­gen (Schadegang).[https://de.m.wikipedia.org/wiki/Briloner_Schnadezug]

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