Wie geht’s?

Meist begrüße ich meine Freunde oder Fami­li­en­mit­glie­der und auch alle ande­ren mit “Hallo”. Oft kommt dann die Antwort “Wie geht’s?”. Ob im Taxi, unter Freun­den oder im Trep­pen­haus, diese Flos­kel höre ich mehr­mals am Tag. Was wäre wohl, wenn ich wirk­lich drauf einge­hen würde? Wenn ich sagen würde: “Nicht gut, über­haupt nicht. Ich habe große Sorgen, Geld und Bezie­hung sind so fern wie Austra­lien, die Hoff­nung auch. Und mein Lebens­mut lässt täglich nach, ich habe Angst vor dem, was noch kommt.”
Ich glaube, der andere würde ganz schön doof kucken und nicht wissen, wie er reagie­ren sollte. Wahr­schein­lich sagt er nur: “Wird schon wieder!” und macht sich möglichst schnell aus dem Staub. Oder aber, er geht wirk­lich drauf ein, ist inter­es­siert oder tut wenigs­tens so, weil er ein biss­chen Verant­wor­tungs­ge­fühl hat. Aber das ist wohl die Ausnahme.
Schade ist, dass die Frage zu so einer nichts­sa­gen­den Flos­kel verkom­men ist, wenn aber mal jemand die Frage ernst­haft stellt, merkt man das viel­leicht gar nicht mehr. Dann wischt man sie wie immer mit “Ja, geht so” weg und verpasst damit die Chance, mal darüber zu reden, weil jemand wirk­lich Inter­esse zeigt. Bestimmt nicht mit einem Fahr­gast oder beim Bäcker, aber so im Bekann­ten­kreis oder unter Kolle­gen. So aber geht die Verein­sa­mung weiter.

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13 Kommentare

  1. “Jeder hat ne Hund aber keinen zu reden”, faellt mir dazu ein. Ansons­ten noch ne schoe­nen freien Tag…wenn man das als Taxi­fah­rer ueber­haupt noch hat ;)

  2. Hmm ja.
    Ein bisserl mehr “Mensch­lich­keit”, ein wenig mehr “Nächs­ten­liebe” und ein “offe­ne­res Auge für den Mitmen­schen” würde uns Allen besser stehen.

    Ob in München in der U‑Bahn oder beim Fuss­ball in Hanno­ver.

    Weder Geld noch Macht machen glück­lich, aber der Dank in den strah­len­den Augen deines Nächs­ten.

    Achja… und Aro… ich frage nicht nur so… ich hör dann auch zu!

    Also!
    Wie geht’s?

  3. Das ist für mich fast ein zu großes Thema um hier in einem kurzen Kommen­tar etwas dazu zu sagen, aller­dings ein sehr wich­ti­ges finde ich…wenn nicht sogar das wich­tigste.
    Auf Grund meiner sehr verschie­de­nen Berufs­er­leb­nisse (Stati­ons­hilfe auf einer Krebs­sta­tion, Bedie­nung in einer Tag u. Nacht­kneipe, Häus­li­che Kran­ken­pflege und jetzt schon 15 Jahre Verkäu­fe­rin in einem Kietzladen)habe ich viel mit Menschen und Teilen Ihrer Probleme zu tun gehabt. Trotz­dem tappe auch ich immer wieder in die Falle und stelle diese Frage “Wie geht´s” manch­mal noch gedan­ken­los. Wenn mein Gegen­über dann aber tatsäch­lich anfängt zu erzäh­len dann höre ich auch erst­haft, inters­siert und konzen­triert zu. Am Ende des Gesprächs habe ich fast immer das Gefühl der/die Andere ist für den Momemt ein klein wenig entspann­ter und dank­bar dafür das Jemand zuge­hört hat auch wenn man in Bezug auf die eigent­li­chen Probleme nicht konkret helfen konnte.

    Ich glaube, die Menschen die diese Frage “Wie geht´s?” stel­len sollen öfter eine ehrli­che Antwort bekom­men (zumin­des­tens teil­weise, mann will ja nicht jedem sein Inners­tes offen­ba­ren) Das hat erstens zur Folge, dass dem Frager der Sinn seiner Frage mal bewusst wird und ausser­dem trifft man dann viel­leicht doch ab und an auf Jeman­den der wirk­lich inter­es­siert ist.

    Tja, das sind nur Auszüge meiner Gedan­ken hierzu.

  4. Oh mann, dass kenne ich. Mir ist es meist sogar rich­tig pein­lich, wenn jemand so fragt, weil ich ja schon weiß, dass er keine Antwort will. das heißt, er will nur so eine kurze, um dann sofort einha­ken zu können und von sich erzäh­len. Gut, okay, ich höre zu, der andere scheint es nöti­ger zu haben. Gott (oder wem auch immer) sei Dank habe ich einen guten Freun­des­kreis, mit dem ich mich tatsäch­lich und ehrlich austau­schen kann.
    Ich habe schon mal jeman­den nicht auf die Frage geant­wor­tet, der hat es gar nicht gemerkt ;)
    Bei meiner Arbeit merke ich, wei über­voll die Menschen sind, wie froh sie sind, wenn sie ablas­sen können.
    Danke für dieses Thema!

  5. Man kann das aller­dings auch von der ande­ren Seite betrach­ten. Nicht jeder WILL ernst­haft auf die Frage “Wie geht’s?” antwor­ten. Ich stell die Frage selbst nur, wenn ich wirk­lich inter­es­siert bin. Aber ich antworte nicht jedem ernst­haft, wenn ich gefragt werde.

  6. @Großstadtkind
    Und wie würdest du reagieren/denken, wenn DIR auf deine “inter­es­siert” gestellte Frage “nicht ernst­haft” geant­wor­tet würde?

    Irgend­wie beißt sich bei deiner Aussage die Katze in den Schwanz. :-(

  7. Seit neues­tem gibt es auch nur das schlichte “na?”, worauf­hin der Gefragte eben­falls mit “na?” antwor­tet und damit endet der emotio­nale Teil der Begrü­ßung. Leider bürgern sich diese Flos­keln immer mehr ein. Ohne, dass man es bewusst mitbe­kommt, ist es schon wieder in die Luft gewor­fen worden. Wie geht´s? Gut und dir. Auch gut. Ende. Ich hab aber leider die Erfah­rung gemacht, dass, wenn man diese Flos­kel nicht stellt, sondern nur eine einfa­che Begrü­ßung und dann gleich zur Sache kommt, eher komisch von der Seite ange­schaut wird, als wenn man sich den gesell­schaft­li­chen Bräu­chen unter­wirft. Die meis­ten wollen es hören — nur wenige machen sich wirk­lich Gedan­ken darüber, wem sie diese Frage stel­len und weshalb. Ich bin eigtl ganz froh, dass bei uns noch nicht das ameri­ka­ni­sche “nice to meet you” ange­langt ist! Wobei das auch noch eintref­fen könnte…

  8. @ArtiBerlin
    Das kommt sicher auch noch. Ich hatte das von Ami-Touris­ten im Taxi auch schon und hatte erst­mal über­legt, ob wir die von irgend­wo­her schon kann­ten.

  9. “nice to meet you” ist dabei noch eine der harm­lo­se­ren Flos­keln in den Staa­ten.
    Viel schlim­mer finde ich da das über­all gerne genom­mene “love you”, gerade im fami­liä­ren Umfeld.

    “love you mom” hier und “love you mom” dort, einfach mal so einge­wor­fen wie ein Räus­pe­rer, spie­gelt nun wirk­lich nicht immer das wahre Gefühls­le­ben des Ande­ren wieder.

    Ob man diese, auch im deut­schen gern genom­me­nen, Flos­keln dabei so einfach als “gesell­schaft­li­chen Brauch” abtun sollte, ich weiß nicht. “Gesell­schaft­li­che Gewohn­heit” würde meiner Meinung nach da eher passen, wobei wir bei vielen dieser “Gewohn­hei­ten” viel­leicht wieder einen ande­ren Weg einschla­gen soll­ten.

    Verhal­tens­mus­ter wie die während und nach der Krise gese­he­nen, gerade bei Bankern, Poli­ti­kern und Mana­gern, sind auch zur “Gewohn­heit” gewor­den, sind, meiner Meinung nach, aber nicht wirk­lich posi­tiv in unse­rer Gesell­schaft, da sie eher durch Egois­mus, Macht­be­ses­sen­heit, ja fast schon Unmensch­lich­keit geprägt sind.

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