Ausländerbehörde statt Willkommenskultur

Der Anspruch ist hoch, aber ob er auch eingelöst wird, muss sich erst noch beweisen. Am Friedrich-Krause-Ufer befand sich lange die „Ausländerbehörde“ von Berlin. Sie war genau das: Eine Behörde, die sich auch als eine solche verstand, mit allen Nachteilen, die man aus Behörden eben kennt. Sei es die Bürokratensprache, die Entscheidungen aus behördlicher statt menschlicher Sicht, die von ihren „Kunden“ genervten MitarbeiterInnen.
Das Gebäude und die Beamten und Angestellten darin sind noch dieselben, auch der Direktor. Aber 2020 beschloss der Senat, aus dieser Ausländerbehörde das „Landesamt für Einwanderung“ zu machen. In einer Stadt, in der ein Drittel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund hat, war das auch längst überfällig. Während die alten und uralten Einwanderer – Böhmen und Hugenotten – schon ewig Teil der Gesellschaft geworden sind, denen niemand mehr ihre deutsche Identität abspricht, hakt es bei denen der letzten Jahrzehnte immer noch. Selbst die Enkel der ehemaligen „Gastarbeiter“ werden noch heute oft als Ausländer betrachtet, ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft und der Tatsache, dass viele von ihnen besser Deutsch sprechen, als so mancher Ronny Müller.
Das Landesamt für Einwanderung Berlin ist die größte Ausländerbehörde Deutschlands. Seine Umbenennung sollte ein politisches Signal in Richtung Willkommenskultur sein. Innensenator Andreas Geisel sagte bei der Eröffnungsrede: „Berlin ist das Symbol für Weltoffenheit und Toleranz“. Das stimmt zum Teil, nicht aber unbedingt im Umgang des Senats mit EinwanderInnen. Viel zu oft werden ihnen Steine in den Weg gelegt. Selbst Menschen, die teilweise seit mehreren Jahrzehnten in der Stadt leben und längst Teil der Gesellschaft geworden sind, werden aus formalen Gründen in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Dann wird die Behörde schnell zum Landesamt für Abschiebungen. Und für persönliche Dramen, bei denen Familien auseinandergerissen werden und Menschen sich aus Verzweiflung umbringen.

Einer der Gründe für die Umwandlung zum Landesamt für Einwanderung ist der Fachkräftemangel in Berlin. Es ist ja legitim, dass ein Staat Menschen einbürgern will, von denen er sich hohe Steuereinnahmen verspricht. Aber Menschen bestehen nicht nur aus Arbeitskraft und nicht jeder hat studiert oder eine Fachausbildung. Trotzdem sollten sie das Recht haben, sich hier niederzulassen, besonders wenn sie mit eigenen Ideen nach Berlin kommen.
„Weltoffenheit und Toleranz“ hat der Senator als Schild vor sich hergetragen. Bisher ist das nur eine hohle Werbeparole. Ob die Umbenennung der Ausländerbehörde und ein buntes Wandbild am Eingang daran etwas ändern, ist zu bezweifeln.

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