Einer der merkwürdigsten Ortsnamen in Berlin ist Glienicke. Der Stamm des Begriffs leitet sich aus dem Slawischen ab, glinki bedeutet Lehmfelder. Und obwohl dieser Name gleich viermal vorkommt, gibt es ihn in der reinen Schreibweise Glienicke überhaupt nicht. Stattdessen aber Altglienicke, Glienicke Nordbahn, Groß- sowie Klein-Glienicke.
Streng genommen gehören sogar nur Alt- und Groß-Glienicke zu Berlin (zu Treptow und Spandau). Klein-Glienicke ist Teil von Potsdam und in Glienicke Nordbahn hat man OHV auf den KFZ-Schildern. Groß-Glienicke war gleichzeitig aber auch DDR. Alles klar?
Alle Glienickes hatten zu Mauerzeiten eine besondere Geschichte. So wurde das Glienicke Nordbahn am nördlichen Stadtrand in West-Berlin “Entenschnabel” genannt, denn wie ein langer Schnabel stach es auf dem Weg von Hermsdorf nach Frohnau quer über die Bundesstraße 96. Die Mauer sperrte die Straße, wer nach Frohnau wollte, musste einen Weg durch die kleinen Nebenstraßen nehmen.
Eine ähnliche Situation im Süden: Klein-Glienicke gehört zwar zu Potsdam und war damit ein DDR-Dorf — allerdings lag es in West-Berlin. Der gesamte Ort war Grenzgebiet, komplett von der Mauer umgeben und konnte auch von Potsdam aus nur mit einem Passierschein betreten werden. Da es von Potsdam-Babelsberg aus gesehen jenseits des Teltowkanals liegt und die alte Brücke im Krieg zerstört wurde, gibt es als Verbindung nur eine verbreiterte Fußgängerbrücke.
Auch das Ost-Berliner Altglienicke litt unter der deutschen Teilung. Schon vor dem Mauerbau wurden neue Bahntrassen verlegt, die vom West-Berliner Gebiet unabhängige Verbindungen garantieren sollten. Für den Bau des Berliner Außenrings wurde der Ort im Jahr 1951 zerschnitten, Hunderte von Familien verloren damals ersatzlos ihre Häuser und Grundstücke.
Aber auch Groß-Glienicke war von der Grenze schwer getroffen: Es wurde nämlich selber geteilt, auch wenn es formal schon seit 1945 aus zwei Teilen bestand. Der östliche Ortsteil gehört zu Spandau, war somit West-Berlin, während das westliche Groß Glienicke (ohne Bindestrich geschrieben) in der DDR lag, direkt über der nördlichen Stadtgrenze von Potsdam. Quer durch den Ort zieht sich der Groß-Glienicker See, der bis 1990 ebenfalls ist Ost und West geteilt war. Das hatte zur Folge, dass die Bewohner von Groß Glienicke (DDR) nicht viel von ihrem See hatten, weil die Mauer unmittelbar am Ufer stand und das Wasser unerreichbar machte. Da nutzte auch der Straßenname Seepromenade nicht viel.
Und weil das offenbar noch nicht reichte, gab es im heutigen Charlottenburg noch ein weiteres Glienicke, von dem aber wenig überliefert ist. Der kleine Ort befand sich vor mehreren hundert Jahren im heutigen Charlottenburg, zwischen Kudamm und Kantstraße, Fasanen- und Uhlandstraße.
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